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Yoga überall

Eine Kolumne von Jeanette Fuchs

Yoga funktioniert immer und überall. Auch ohne Yogamatte und im Hotel. Ich zeige euch vier Yin Yogaposen für unterwegs – für Ruhe & Balance am Ende eines Tages.

Meine letzte Reise führte mich in den schönen Spreewald. Die Yogamatte hatte keinen Platz im leichten Gepäck. War aber gar nicht schlimm, denn der Holzboden im Strandhaus war viel zu einladend, um sich nicht direkt darauf niederzulassen. Zudem fand ich eine Decke im Schrank, die mein Yoga gleich noch kuscheliger machte. Nach einem langen Tag hat man meist keine Lust auf fordernde und dynamische Yogapraxis. Und das ist gut so. Auf die innere Stimme, die da leise flüstert, dass es auch gerne mal etwas Ruhiges sein darf, sollte man nämlich unbedingt hören! YANG steht für Dynamik, Action und Bewegung. Also genau das, was uns ohnehin den ganzen Tag in einem Übermaß begleitet. Die gegensätzliche Kraft darf daher nicht zu kurz kommen: YIN erdet uns und lässt uns zur Ruhe kommen. Am Abend sind Yin-Haltungen daher genau das Richtige, um in aller Langsamkeit tief in uns hineinzuhören, unser Qi zu harmonisieren und ganz bewusst die Bedürfnisse unseres Körpers und unserer Seele zu spüren.

Für alle, die keine Erfahrung mit Yin Yoga haben, hier ein paar hilfreiche Tipps:

GESPÜR FÜR DIE EIGENEN BEDÜRFNISSE.
Es gibt kein Richtig und kein Falsch, es gibt nur ein Zuviel und ein Zuwenig. Es gilt mit viel Feingefühl, den Punkt dazwischen zu finden und eine passive Dehnung zu spüren, die sich allerdings nicht unbedingt gemütlich anfühlt, sondern den Körper auf eine ganz andere Art und Weise fordern kann, wie wir es in unserem Yang-betonten Alltag gewohnt sind. Und nicht vergessen: Körper & Geist sind nicht jeden Tag gleich gut drauf!

KEINE REGELN, KEINE ZIELE.
Immer schneller, weiter und besser. Eine Lebensanschauung, die uns nur allzu oft bis auf die Matte begleitet, die uns aber insbesondere im Yin Yoga nicht weiterbringt. Yin Yoga ist eine sehr individuelle Praxis. Bei jedem Menschen sehen die Haltungen anders aus und fühlen sich auch anders an. Wir nehmen uns daher die Freiheit zu experimentieren und die Yin Yogapose so zu adaptieren, dass sie zu uns passt. Mehr fühlen, weniger denken – lautet die Devise.

GEDULD IST GEFRAGT.
Das Besondere an Yin-Yogahaltungen ist, dass sie mit so wenig Muskelkraft wie möglich ausgeführt werden und dass man die Haltung einige Zeit beibehält. Um die tiefen Körperschichten und die Faszien zu erreichen sowie den Energiefluss im Körper anzuregen, sollte jede Haltung mindestens 2 Minuten gehalten werden. Langsam kann man sich auf 3 Minuten oder mehr steigern. Dabei gilt es unangenehme Gefühle, die meist das ungeduldige Ego meldet, von wirklichen Schmerzen zu unterscheiden.

THE ANATOMY OF YIN.
Die Knie sollten sich in jeder Haltung neutral anfühlen und so wenig Druck wie möglich darauf ausgeübt werden. Da rund um Hüftgelenke die Faszienstrukturen besonders fest sind, kann auch hier Unbehagen auftreten. Doch bei längerem Üben wird das Gewebe geschmeidiger und man wird feststellen, dass man immer länger in den Haltungen bleiben kann. Der Kopf kann in den Vorwärtsbeugen für eine Extra-Nackendehnung einfach hängengelassen, mit einem Block oder Buch unterstützt oder in Verlängerung der Wirbelsäule ausgerichtet werden. Der Rücken darf in allen Yin Yogahaltungen rund sein – eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale von vielen Yang Yogastilen. Bei allen Vorwärtsbeugen ist darauf zu achten, dass das Becken nicht nach hinten wegkippt. Ist das der Fall (z.B. bei verkürzten Hamstrings durch viel Sport, oft bei Männern), leicht erhöht auf einer Decke sitzen und eventuell die Knie mehr beugen und mit einem Kissen oder Handtuch den Abstand zum Boden auffüllen.

RÄKELN & STRECKEN ERWÜNSCHT.
Zwischen den einzelnen Yin Yoga Haltungen sollte man dem Körper eine Pause von den meist ungewohnten Haltungen gönnen und auf die ganz natürlichen Impulse hören. Das kann zwischendurch ein herabschauender Hund sein, ein Mini-Shabasana oder eine Kindeshaltung. Es muss nicht mal eine Yogahaltung sein. Höre einfach auf das, was dein Körper gerade braucht! Vielleicht gehst du ohne Pause aber auch direkt in die nächste Yin Haltung.

YIN POSE #1: BUTTERFLY POSE (Schmetterling oder Schildkröte)

HALTUNG:
Fußsohlen etwas vom Körper entfernt aufeinander legen, Knie fallen nach außen. Mit rundem Rücken nach vorne beugen und an dem Punkt stoppen, wo die Dehnung im Rücken, Hüften und Beininnenseiten einsetzt. Die nach oben gerichteten Handflächen signalisieren dem Gehirn die gewünschte Passivität. Augen schließen, 2-5 Minuten halten.

WIRKUNG:
Beruhigend, ausgleichend, Aktivierung des Leber-Qi, Lebenskraft, allgemeines Wohlbefinden.

VARIATION:
Hände oder Unterarme entweder über den Schienbeinen auf dem Boden ablegen oder für eine tiefere Vorbeuge unterhalb der Waden platzieren.

YIN POSE #2: SHOELACE (Schuhband)

HALTUNG:
Ein Bein abwinkeln, das andere darüber ablegen, so dass beide Knie übereinander liegen und die Fußsohlen weg vom Körper zeigen. Bei Bedarf auf einer Decke oder einem Block sitzen oder den Abstand zwischen den Knien mit einem Kissen oder Handtuch auffüllen. Auf beiden Seiten ausführen (rechts über links, links über rechts), jeweils 2-5 Minuten halten, Augen schließen.

WIRKUNG:
Dehnung des IT-Bands an der Beinaußenseite, Aktivierung von Leber- & Gallenblasenmeridian, “Loslassen” von aufgestauten Emotionen.

VARIATION:
Wenn die Haltung zu intensiv für Becken & Knie ist, das untere Bein ausgestreckt lassen und/oder den Oberkörper mehr aufrichten.

YIN POSE #3: HALF BUTTERFLY POSE (halber Schmetterling)

HALTUNG:
rechte Fußsohle an die Innenseite des linken Oberschenkels des ausgestreckten Beines legen. Becken aufrichten und mit rundem Rücken über die Fingerspitzen mittig nach vorne wandern, bis an den Beininnenseiten und im Rücken eine Dehnung spürbar wird. Auf beiden Seiten ausführen, Augen schließen, 2-5 Minuten halten.

WIRKUNG:
ähnlich wie Butterfly, beruhigend, ausgleichend, Auflösen von emotionalen Widerständen.

VARIATION:
Auf den Händen bleiben oder  für eine intensivere Dehnungauf die Unterarme kommen. Oberkörper kann auch auf einem Kissen oder Yoga-Bolster abgelegt werden. Wer sich flexibel genug fühlt, kann alternativ auch die “Libelle” üben und beide Beine in einer Grätsche ausstrecken.

YIN POSE #4: DEER POSE (Reh-Haltung oder Korkenzieher)

HALTUNG:
Die Beine werden im rechten Winkel abgewinkelt und wie ein “Windrad” ausgerichtet. Je mehr das obere Bein nach hinten weggeschoben wird, umso intensiver wird die Drehung. Der Oberkörper dreht in die entgegengesetzte Richtung, Bauch und Herz zeigen zum Boden. Der Oberkörper kann auch auf einem Kissen oder Yoga Bolster abgelegt werden. Auf den Händen bleiben oder auf die Unterarme kommen, den Kopf hängen lassen oder mit einem Block unterstützen. Wenn der Oberkörper bis zum Boden kommt, können die Arme auch nach vorne ausstreckt werden und die Stirn auf dem Boden abgelegt werden.

WIRKUNG:
Aktivierung der seitlichen und mittleren Faszienschichten, Aktivierung des Milz- und Magenmeridians, Harmonie, inneres Gleichgewicht.

VARIATION:
Schwan oder die Taube (Hüfte wird parallel ausgerichtet, ein Bein ganz ausgestreckt), der Oberkörper kann zusätzlich in die entgegengesetzte Richtung getwistet werden.

Jeanette Fuchs

Jeanette Fuchs ist Yogalehrerin und Flashpackerin mit Leidenschaft. Ihr inspirierender Reiseblog „Follow Your Trolley“ steht ganz im Zeichen des stilvollen Reisens. Trolley und Yogamatte sind beim Erkunden von entlegenen Plätzen und pulsierenden Metropolen stets ihre treuen Begleiter.

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